Sinnhaftigkeit von Gewichtheberübungen im Fitnesstraining

Insbesondere im Langhanteltraining sind Gewichtheberübungen (im Folgenden als „ballistische Übungen“ bezeichnet) zur Verbesserung der Schnellkraftkomponenten sehr populär. Mit dem „Stoßen“ und „Reißen“ existieren ballistische Wettkampfübungen, die sogar den Status von olympischen Disziplinen innerhalb der Sportart Gewichtheben haben. Darüber hinaus sind ballistische Langhantelübungen ein fester Bestandteil im sportartbegleitenden Athletiktraining vieler Leistungssportler.

 

Unabhängig vom olympischen Gewichtheben und Athletiktraining im Leistungssport erfreuen sich ballistische Langhantelübungen in den letzten Jahren auch im Fitnesssport zunehmender Beliebtheit. Genau hier liegt ein zentrales Problem dieser ballistischen Langhantelübungen: sie sind nämlich koordinativ sehr anspruchsvoll. Der motorische Lernprozess dauert im Vergleich zu konventionell ausgeführten Langhantelübungen wesentlich länger. Darüber hinaus lösen diese Übungen, aufgrund der explosiven Kraftmomente und Hantelbeschleunigungen, hohe mechanische Belastungen auf die aktiven und passiven Strukturen des Bewegungssystems aus. Im Leistungssport werden die Athletinnen und Athleten monate- und teilweise jahrelang auf solche komplexen Freihantelübungen vorbereitet. Leistungssportlerinnen und -sportler der olympischen Gewichtheberdisziplinen trainieren seit ihrer Jugend an der Bewegungstechnik und bereiten ihr Bewegungssystem über die Jahre hinweg auf hohe Belastungen während solcher Übungen vor. Diese intensive und lange Vorbereitung fehlt in der Regel dem Fitnesssportler.

Darüber hinaus herrscht im Fitnesstraining, und teilweise sogar im Athletiktraining, nach wie vor der Irrglaube, man müsse ballistische Langhantelübungen unbedingt mit maximal hohen Trainingslasten ausführen. In der Tat ist die einzige Sportart, bei der die Notwendigkeit besteht, solche ballistischen Langhantelübungen mit maximal hoher Kraftleistung ausführen zu können, das Gewichtheben mit den oben genannten Disziplinen „Stoßen“ und „Reißen“. Die Leistungsfähigkeit des Gewichtshebers zeigt sich darin, diese Wettkampfdisziplinen mit der maximal möglichen Gewichtslast absolvieren zu können. Weder für den Fitnesssportler noch für den Athleten anderer Sportarten besteht diese Notwendigkeit.

Gefährdung bei falscher Ausführung

Im Fitnesssport kann sich beim Einsatz von ballistischen Übungen nun die folgende gefährliche Kombination ergeben: Technisch und physisch nicht adäquat vorbereitete Fitnesssportler führen Übungen, die eine hohe mechanische Belastung auf das Bewegungssystem auslösen, mit schlechter Technik und individuell zu hohen Trainingslasten aus. Es liegt auf der Hand, dass diese Mixtur aus schlechten Rahmenbedingungen eine Gefährdung der Gesundheit der Fitnesssportler darstellt.

Insbesondere im Zeitalter der „YouTube-Anleitungen“ lassen sich einige Fitnesssportler dazu verleiten, solche Übungen, die ihnen von selbsternannten Experten über eine Videoanleitung demonstriert werden, unreflektiert und ohne fachkundige Anleitung auszuführen. Diese Vorgehensweise kann weder effektiv noch effizient im Hinblick auf das Erreichen von Trainingszielen sein und stellt zudem ein nicht kalkulierbares Gesundheitsrisiko dar.

Vorteile bei richtiger Ausführung

Ungeachtet der hier vorab geschilderten Probleme und Umsetzungsschwierigkeiten bieten ballistische Langhantelübungen auch für den Fitnesssportler Vorteile. Die Kraftleistungsfähigkeit der Sportler wird auch auf der Komponente der Schnellkraftfähigkeiten verbessert. Durch den Technikerwerb der ballistischen Übungen erweitert sich das Bewegungsrepertoire der Sportler. Die koordinativ-motorischen Fähigkeiten werden gezielt verbessert (z. B. auch die Gleichgewichtsfähigkeit). Zudem fördern ballistische Langhantelübungen die muskulär erzeugte Stabilität in den involvierten Muskel-Gelenk-Systemen, was letztendlich eine Prophylaxe vor Verletzungen und degenerativen Schäden am Bewegungssystem darstellt.

Die Grundvoraussetzungen zum Erzielen der hier dargestellten positiven Effekte ballistischer Langhantelübungen bestehen darin, dass der Fitnesssportler auf diese mechanischen Belastungen vorbereitet wird, indem die Bewegungsabläufe technisch so korrekt erlernt werden, dass zumindest keine gesundheitsgefährdenden Fehlbelastungen bei der Bewegungsausführung entstehen und stets mit Gewichten trainiert wird, die dem technischen Niveau sowie dem Leistungs- und Gesundheitslevel des ausführenden Fitnesssportlers entsprechen.

Bevor ballistische Langhantelübungen ausgeführt werden, muss sichergestellt sein, dass die komplexen Basisübungen mit der Langhantel (insbesondere die Varianten der Kniebeuge und des Kreuzhebens) technisch beherrscht werden. Solange bei diesen Grundübungen technische Defizite bestehen, macht es keinen Sinn, ballistische Langhantelübungen auszuführen.

Kompetenzen erwerben

Um Kunden bei der Umsetzung eines Freihantel- und Kettlebelltrainings kompetent betreuen zu können, bietet die BSA-Akademie den Lehrgang „Trainer/in für Freihantel- und Kettlebelltraining“ an. Die Teilnehmenden erstellen Trainingspläne mit Langhantel-, Kurz hantel- und Kettlebellübungen, konzipieren methodische Übungsreihen zum Technikerwerb komplexer Übungen, führen Übungsunterweisungen durch, identifizieren und korrigieren Bewegungsfehler und leisten bei Bedarf eine sinnvolle Hilfestellung zur Absicherung des Kunden bzw. Sportlers bei der Bewegungsausführung.