Lebensstile im Marketing: Kundenbedürfnisse erkennen, Zielgruppen neu denken

In einer zunehmend differenzierten Gesellschaft reicht klassisches Zielgruppenmarketing oft nicht mehr aus, um Kunden adäquat anzusprechen. Eine Möglichkeit bieten hier die Differenzierung nach Lebensstilen an.

 

Der Ansatz der Lebensstile basiert darauf, dass Menschen nicht nur durch demografische Merkmale wie Alter oder Einkommen geprägt sind, sondern durch ihre Werte, Einstellungen und Alltagsgewohnheiten. Lebensstile definieren soziale Muster des Konsums und Verhaltens. Auf diese Weise können Rückschlüsse auf Motivation, Bedürfnisse und Markenaffinität gezogen werden. Daraus ergeben sich wichtige Erkenntnisse für Angebote im Fitness- und Gesundheitssektor (Zukunftsinstitut, 2020a).

Die klassische Definition von Zielgruppen, basiert stark auf soziodemografischen Daten (Kreutzer, 2022). Die Einordnung in Lebensstile ermöglichen dagegen eine dynamischere und emotionalere Ansprache. Ein Beispiel: Zwei 35-jährige Männer können völlig unterschiedliche Lebensrealitäten und Fitnessbedürfnisse haben – abhängig davon, ob sie etwa dem Lebensstil des „Multi-Performers“ oder des „Urban Matcha“ folgen.

Lebensstile im Fokus: Drei Beispiele aus der Praxis

  • Der Multi-Performer strebt nach Selbstoptimierung und betrachtet Fitness als Ausdruck von Leistungsfähigkeit und Kontrolle. Für ihn sind smarte Wearables und hochintensive Workouts attraktiv (Zukunftsinstitut, 2020b).
  • Der Urban Matcha lebt einen stilvollen, urbanen Lebensstil, legt Wert auf Ästhetik, Digitalisierung und Erlebniswelten. Boutique-Fitnessstudios mit Designkonzept und Social-Media-Präsenz sprechen ihn an (Sprachrohr Würzburg, 2020).
  • Der Oldie but Goldie ist aktiv im Ruhestand, gesundheitsbewusst und konsumfreudig – jedoch oft vom Marketing übersehen (Zukunftsinstitut, 2020c). Ihn erreichen Angebote mit sozialem Anschluss, Sicherheit und medizinischer Begleitung.

Verbindung zu Sinus-Milieus und Buyer Personas

Der Lebensstilansatz steht in engem Zusammenhang mit den Sinus-Milieus, die Menschen anhand von sozialer Lage und Grundorientierung in Gruppen wie „Performermilieu“ oder „Sozialökologisches Milieu“ einteilen (Sinus-Institut, 2023). Sie helfen, das „Warum“ hinter dem Verhalten zu verstehen – zentral für die Gestaltung von Markenbotschaften und Services.

Buyer Personas gehen einen Schritt weiter: Sie übersetzen diese Erkenntnisse in fiktive Nutzerprofile mit konkretem Namen, Hintergrund, Zielen und Bedürfnissen (Adele Revella, 2015). Für Fitness- und Gesundheitsanlagen bedeutet das: Angebote, Kommunikation und Kundenerlebnis können gezielt auf individuelle Lebenswelten abgestimmt werden – vom Kursplan über die Ansprache bis zur Raumgestaltung.

Vorteile gegenüber Zielgruppen- und Generationenmarketing

  • Mehr Tiefgang: Während Zielgruppen meist bei Alter, Einkommen und Geschlecht enden, liefern Lebensstile psychografische Insights – also Werte, Motivation, Lebenskontext (Zukunftsinstitut, 2020d).
  • Weniger Stereotypisierung: Das Generationenmarketing (z. B. Gen Z, Babyboomer) läuft Gefahr, Menschen auf ihr Geburtsjahr zu reduzieren (Kleinjohann & Reinecke, 2021). Lebensstile ermöglichen dagegen flexible, lebensphasenübergreifende Segmentierung.
  • Höhere Relevanz: Menschen erwarten heute personalisierte Ansprache – Lebensstile liefern dafür den passenden Bezugsrahmen und stärken die Markenbindung (Kölmel, Pfefferle & Bilander, 2019, S. 246).

Welche Schlussfolgerungen ergeben sich für das Marketing in Fitness- und Gesundheitsanlagen?

  • Lebensstilorientiertes Marketing ermöglicht passgenaue Angebote. Wer Lebensstile kennt, kann Formate, Zeiten, Kommunikation und Zusatzangebote gezielt gestalten – und besser differenzieren.
  • Die Kombination aus Lebensstil, Sinus-Milieus und Buyer Personas liefert ein realistisches Bild der Zielkunden und-Kundinnen. So entstehen relevante Inhalte statt pauschaler Werbebotschaften.
  • Lebensstilorientierte Marken bauen emotionale Bindung auf. Dies ist gerade in einem umkämpften Markt wie dem Fitness- und Gesundheitsmarkt entscheidend für langfristige Kundenbeziehungen.

Tiefere Einblicke in das Thema und die Bedeutung des Marketings erhalten Studierende der DHfPG in den Bachelorstudiengängen Fitnessökonomie und Sportökonomie. Vertiefende Einblicke in die Konsumentenforschung verschaffen Studierenden die Schwerpunktmodule Marketing und Vertrieb des Masterstudiengangs Prävention und Gesundheitsmanagement.

 

Bachelor of Arts Fitnessökonomie Bachelor of Arts Sportökonomie

 

Quellen:

  1. Revella A. (2015): Buyer Personas: How to Gain Insight into your Customer’s Expectations. Wiley & Sons: New York.

  2. Kleinjohann, M. & Reinecke, V. (2020). Marketingkommunikation mit der Generation Z. Erfolgsfaktoren für das Marketing mit Digital Natives. Wiesbaden: Springer Gabler.
  3. Kölmel, B., Pfefferle, T. & Bulander, R. (2019). MegaTrend Individualisierung. In Deutscher Dialogmarketing Verband e.V. (Hrsg.), Dialogmarketing Perspektiven 2018/2019 (S. 243 – 260) Springer: Wiesbaden

  4. Kreutzer, R. T. (2022): Praxisorientiertes Marketing. Springer Fachmedien: Wiesbaden.

  5. Sprachrohr Würzburg (2020): Moderne Nomade, Urban Matcha oder Neo-Hippie – Lebensstile des 21. Jahrhunderts. Verfügbar unter https://sprachrohrwuerzburg.wordpress.com/2020/09/02/moderne-nomade-urban-matcha-oder-neo-hippie-lebensstile-des-21-jahrhunderts/

  6. Zukunftsinstitut (2020a). Lebensstile: Eine neue Sicht auf Kunden und ihre Bedürfnisse. Verfügbar unter https://www.zukunftsinstitut.de/zukunftsthemen/lebensstile-eine-neue-sicht-auf-kunden-und-ihre-beduerfnisse

  7. Zukunftsinstitut (2020b): Der Multi-Performer: Leistung als Selbstverwirklichung. Verfügbar unter https://www.zukunftsinstitut.de/zukunftsthemen/der-multi-performer-leistung-als-selbstverwirklichung

  8. Zukunftsinstitut (2020c): Oldies but Goldies – Die vom Handel vergessenen Kunden. Verfügbar unter https://www.zukunftsinstitut.de/zukunftsthemen/oldies-but-goldies-die-vom-handel-vergessenen-kunden

  9. Zukunftsinstitut (2020d): Die Zielgruppe ist tot, es lebe der Lebensstil. Verfügbar unter https://www.zukunftsinstitut.de/zukunftsthemen/die-zielgruppe-ist-tot-es-lebe-der-lebensstil

  10. Sinus-Institut (2023). Sinus-Milieus Modell. Verfügbar unter https://www.sinus-institut.de/sinus-milieus