Gelenkstabilisierung nach Schulterluxation

Die Wiedererlangung der Stabilität nach Schulterluxationen erfordert weit mehr als bloßes "Einrenken" ...

 

Das Schultergelenk stellt eines der beweglichsten Gelenke im menschlichen Körper dar. Der Grund dafür zeigt sich in der Anatomie des Gelenkes. Es weist nur ein geringes Maß an knöcherner Führung auf und wird überwiegend durch Muskulatur stabilisiert. Aufgrund dieser großen Bewegungsspielräume und der geringen knöchernen Führung ist die Gefahr für Luxationen, also ein so genanntes „Auskugeln“ der Schulter, jedoch deutlich größer als bei anderen Gelenken.

 

Ursache von Schulterluxationen

Ungefähr 50 % aller Luxationen finden im Schultergelenk statt (Fink et al., 2011, S. 217). Die häufigste Ursache für eine Schulterluxation stellt eine Gewalteinwirkung von außen dar, beispielsweise das Festhalten eines Armes beim Wurf oder der Zusammenstoß zweier Sportler direkt gegen die Schulter. Aber auch alltägliche Belastungen wie beispielsweise das Liegen auf dem angelehnten Arm können zu Luxationen führen. Kam es einmal zur Schulterluxation, so ist das Risiko für weitere Schulterluxationen erhöht, da häufig Schäden an den Strukturen innerhalb des Schultergelenks durch die Erstluxation entstanden sind. Deshalb ist die Gelenkstabilisierung durch ein entsprechendes Training nach der Luxation von enormer Bedeutung.

Stabilisierung durch Training

In der Regel erfolgt nach der medizinischen Versorgung ein muskuläres Aufbautraining. Im Bereich der medizinischen Trainingstherapie hat sich hier das Fünfphasenmodell des muskulären Aufbautrainings etabliert (Froböse et al., 2003, S. 66–69).

  1. Zunächst erfolgt ein propriozeptives Training zur Verbesserung der Sensorik und der Tiefensensibilität. Hierbei handelt es sich um die Wahrnehmung verschiedener Reize aus dem Körperinneren. Die Qualität der Bewegungsausführung steht bei dieser Stufe des Aufbautrainings im Vordergrund.
  2. Die nächste Stufe stellt ein bradytrophes Training dar, um eine höhere Belastungsverträglichkeit sowie ein verbessertes Zusammenspiel der verschiedenen Muskeln des Schultergürtels zu erzielen.
  3. Im folgenden Schritt kann mit einem Kraftausdauertraining begonnen werden, um die Ermüdungswiderstandsfähigkeit der Muskulatur zu erhöhen.
  4. Die anschließende Stufe, das Hypertrophietraining, dient dazu, die Muskulatur wieder aufzubauen, das Gelenk weiter zu stabilisieren und das Kraftniveau zu steigern. Voraussetzung für ein Hypertrophietraining ist jedoch, dass die betroffenen Strukturen voll belastbar sind. 
  5. Bei der fünften Stufe stehen in erster Linie Übungsformen im Vordergrund, bei denen die neuromuskuläre Koordination sowie die Koordination der Muskeln untereinander geschult wird. Die Trainingsinhalte dieser Stufe beziehen sich auf Kraftübungen, die einen starken Bezug zu arbeits-, alltags- und sportartspezifischen Bewegungen haben.

Generell sollten zur Schulterstabilisation in erster Linie die Schulterinnen- und außenrotation, sowie das Front- und Seitheben bis zu einem Winkel von 90° trainiert werden (Ackland & Pandy, 2009, S. 192). Diese Übungen dienen dazu, den Oberarmkopf in der Gelenkpfanne zu stabilisieren und somit erneuten Schulterluxationen vorzubeugen. Hierzu eigen sich besonders Übungen am Seilzug sowie Übungen mit der Kurzhantel.

Fazit

Die Kräftigung der schulterumgebenden Muskulatur stellt somit einen entscheidenden Baustein zur langfristigen Stabilisierung des Schultergelenks dar, um das Risiko für wiederkehrende Schulterluxationen möglichst gering zu halten. Zudem ist das Training der schulterumgebenden Muskulatur auch in präventiver Hinsicht von Bedeutung, da das Risiko von Erstluxationen verringert werden kann. Zu erreichen ist dies durch ein kontinuierliches Training, das auch nach beschwerdefreier Ausheilung weitergeführt wird, um die Muskulatur und damit auch die Stabilität im Schultergürtel dauerhaft aufrechtzuerhalten.

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Der Lehrgang „Trainer/in für Sportrehabilitation“ qualifiziert die Teilnehmenden zur Planung, Durchführung und Betreuung indikationsspezifischer Trainingsprogramme für das muskuläre Aufbautraining bei verschiedenen orthopädischen Beschwerdebildern im Anschluss an die medizinische Heilbehandlung. In diesem Kontext sind die Lehrgangsteilnehmenden in der Lage, den aktuellen Funktionszustand der Kunden zu testen, eine kurz-, mittel- und langfristige Trainingsplanung für das muskuläre Aufbautraining zu erstellen sowie im Rahmen der Trainingsplanung problemspezifische Krafttrainingsübungen für die vorliegenden orthopädischen Beschwerdebilder auszuwählen.

 

Literatur:

  1. Fink, C., Melchert, M., Hillekamp, J., Schneider, T. (2011). Akute und chronische anterioinferiore Schultergelenksinstabilität: Das knotenlose 2-Ankersystem. Obere Extremität, 6, 217-223.
  2. Froböse, I., Nellessen, G. & Wilke, C. (Hrsg.). (2003). Training in der Therapie. Grundlagen und Praxis (2. Aufl.). München: Urban & Fischer. 

  3. Ackland, D. C. & Pandy, M. G. (2009). Lines of action and stabilizing potential of the shoulder musculature. Anatomy, 215, 184-197.