Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen – Agieren statt reagieren

Die Präambel der „Gemeinsamen Erklärung Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt“ betont die Bedeutung psychischer Erkrankungen in Bezug auf Leistungsminderung, Arbeitsunfähigkeitstage und Frühverrentungen. Sich ergebene Veränderungen in den Arbeitsinhalten und Arbeitstätigkeiten rücken kognitive, soziale und emotionale Belastungen zunehmend in den Fokus der Betrachtungen.

 

Veränderungen verursachen jedoch bei vielen Menschen Stress, besonders, wenn sie sich diesen Veränderungen ausgeliefert fühlen und keine individuellen Kontrollmöglichkeiten sehen.

Psychische Erkrankungen kann der Arbeitgeber nicht therapieren. Er kann jedoch die Wahrscheinlichkeit des Auftretens im Sinne der Vorsorge und Früherkennung minimieren. Im Jahre 2020 führte die globale Verbreitung des Corona-Virus zu einschneidenden Veränderungen in Bezug auf die psychische Gesundheit. In einer Meta-Analyse konnten Salari et al. (2020) zusammenfassen, dass Angstzustände, Depressionen und weitere psychische Störungen aufgrund der Pandemie in der Weltbevölkerung vermehrt auftraten.

Bezogen auf Deutschland zeigt dieser Trend, dass während der ersten Welle aufgrund von Gegenmaßnahmen für die Population negative psychische gesundheitliche Auswirkungen entstanden. Als zunehmend schwierig wird die Vereinbarkeit von Arbeit und Freizeit wahrgenommen, bedingt durch das Verschwimmen der Grenzen (Hans-Böckler-Stiftung, 2020). Die positiven oder negativen Auswirkungen auf die Gesundheit sind erheblich von der konkreten Arbeit und den digitalen Kompetenzen abhängig. Die deutsche Bevölkerung wird aufgrund psychischer Belastungen Unterstützungsangebote benötigen (Skoda et al., 2021). Insbesondere für die digitale Transformation ist die Pandemie zum Katalysator geworden. In vielen Firmen wird New Work als das Konzept von neuen Arbeitsweisen in Zeiten von Digitalisierung und Globalisierung vom schönen Theorem zur Wirklichkeit in der Arbeitswelt.

Bereits seit 2013 ist die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen (GpB) am Arbeitsplatz gesetzlich vorgeschrieben und explizit im Arbeitsschutzgesetz verankert. Allerdings kristallisiert sich zunehmend heraus, dass viele Unternehmen noch am Anfang einer Lösung dieser Aufgabe stehen. Die Unsicherheit in Betrieben und der Gesellschaft bezieht sich vor allem auf die Thematisierung und Handhabung psychischer Belastungen. Es herrscht Unsicherheit bezüglich

  • der konkreten Vorgehensweise,
  • der Erfassung,
  • Prävention und
  • der Gestaltung von Handlungsmaßnahmen, was sich schon bei den theoretischen und rechtlichen Grundlagen zeigt.

Begriffe wie Stress, Burn-out, Belastung, Mobbing sind mittlerweile Modeworte geworden, die häufig negativ assoziiert und vor allem falsch interpretiert werden. Was sich allerdings jetzt schon herauskristallisiert ist, dass es eine deutlich gestiegene Sensibilität für psychische Belastungen bei der Arbeit, sowie eine wachsende Nachfrage von Unternehmen nach Informationen und auch Unterstützung zur GpB gibt. Alle Personen, die für den Arbeitsschutz verantwortlich sind, müssen sich in den kommenden Jahren mehr mit dem Thema der GpB auseinandersetzen und lernen, damit umzugehen.

Die rechtliche Vorgabe als Chance und nicht als Pflicht zu sehen lohnt sich! Kommen Sie ins Agieren, statt zu reagieren!

Gesundheitsexperte im Betrieb - Förderung der psychosozialen Gesundheit

Der BSA-Lehrgang qualifiziert die Teilnehmenden, ein Konzept zur Förderung der psychosozialen Gesundheit in einem Unternehmen aufzubauen, in die Unternehmensstruktur zu implementieren und systematisch weiterzuentwickeln. Sie werden in die Lage versetzt, psychosoziale Belastungen in einem Unternehmen zu analysieren und darauf aufbauend Strategien zur Förderung der psychosozialen Gesundheit zu entwickeln und in der Praxis anzuwenden.

Weitere Informationen: Gesundheitsexperte/in im Betrieb – Förderung der psychosozialen Gesundheit

 

Quellen:

Hans-Böckler-Stiftung (Statista, Hrsg.) (2020). Verschwimmen Ihrer Ansicht nach im Homeoffice die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit? Zugriff am 03.11.2022. Verfügbar unter https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1196166/um-frage/umfrage-zum-verschwimmen-der-grenze-zwischen-arbeit-und-freizeit-durch-homeoffice/

Salari, N., Hosseinian-Far, A., Jalali, R., Vaisi-Raygani, A., Rasoulpoor, S., Mohammadi, M., Rasoulpoor, S. & Khaledi-Paveh, B. (2020). Prevalence of stress, anxiety, de-pression among the general population during the COVID-19 pandemic: a system-atic review and meta-analysis. Globalization and health, 16 (1), 57.

Skoda, E.-M., Spura, A., Bock, F. de, Schweda, A., Dörrie, N., Fink, M. et al. (2021). Veränderung der psychischen Belastung in der COVID-19-Pandemie in Deutschland: Ängste, individuelles Verhalten und die Relevanz von Information sowie Vertrauen in Behörden. Bundesgesundheitsblatt, Gesundheitsforschung, Gesundheitsschutz, 64 (3), 322–333. https://doi.org/10.1007/s00103-021-03278-0