Nährstofftiming im Ausdauertraining

Das Training der Grundlagenausdauer steht im Fitnessstudio für viele im Fokus des Cardiotrainings. Trainingsmethode der Wahl sind dabei die Dauermethoden. Die gewünschte Anpassung ist hier in erster Linie die Optimierung des Fettstoffwechsels. Durch gezieltes Nährstofftiming lassen sich die Trainingseffekte noch weiter erhöhen.

 

Während körperlicher Belastungen wird in der Muskelzelle die über die Nahrung zugeführte chemische Energie in mechanische Arbeit umgewandelt. Bei langanhaltenden und submaximalen Belastungen erweist es sich dabei als besonders effizient, wenn Fettsäuren als Energiequelle genutzt werden können. Nicht nur sind die Fettspeicher selbst bei schlanken Personen nahezu unerschöpflich, die Oxidation von Fettsäuren läuft im Gegensatz zur Verstoffwechslung von Kohlenhydraten (Glykolyse) auch ohne die Produktion von Laktat und Wasserstoffionen ab.

Dies führt dazu, dass bei dominierender Fettoxidation auch über mehrere Stunden hinweg die Belastung ohne nennenswerten Leistungsabfall aufrechterhalten werden kann. Das Verhältnis von Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsel steigt jedoch mit zunehmender Belastung zugunsten der Kohlenhydrate an. Das heißt, dass bei höherer Belastungsintensität mehr Kohlenhydrate und weniger Fettsäuren verstoffwechselt werden.

Einflussfaktoren auf den Fettstoffwechsel

Das Verhältnis aus Fettstoffwechsel und Glykolyse während submaximaler Belastung ist jedoch nicht nur abhängig von der Belastungsintensität, sondern auch vom Trainingszustand. So liegt bei hochausdauertrainierten Athleten die maximale Fettoxidation bei einer deutlich höheren Intensität als bei untrainierten Personen (Maunder, Plews & Kilding, 2018). Auf physiologischer Ebene bezeichnet die Grundlagenausdauer also allen voran die Fähigkeit bei möglichst hohen Belastungen einen Großteil der benötigten Energie mittels Fettoxidation bereitzustellen.

Das Training der Grundlagenausdauer setzt demzufolge eine Trainingsintensität voraus, bei der die Fettstoffwechselrate entsprechend hoch ist. Für Personen mit niedrigem bis mittlerem Trainingszustand wird diese bei ca. 55 - 75 % der maximalen Herzfrequenz (HFmax) verortet. Bei hochausdauertrainierten Personen mit entsprechend ausgeprägtem Fettstoffwechsel, kann das Grundlagenausdauertraining jedoch auch bei einer HFmax von bis zu 80 % realisiert werden (Hanakam & Ferrauti, 2020, S. 377). Voraussetzung, um Trainingsanpassungen bei moderaten Intensitäten zu erreichen, sind vergleichsweise hohe Trainingsumfänge, die nach der Dauermethode absolviert werden. Lange Trainingseinheiten (30 Minuten bis mehrere Stunden) bei gleichbleibend moderater Belastung stellen in der Trainingspraxis jedoch eine Herausforderung dar, da viele Personen nicht über das entsprechende Zeitbudget verfügen.

Kohlenhydratmangel gezielt nutzen

Eine Strategie, um das Fettstoffwechseltraining auch ohne Umfangserhöhung zu optimieren, stellt die gezielte Leerung der Kohlenhydratspeicher vor der Trainingseinheit dar (Maunder et al., 2018). Konkret bedeutet dies innerhalb eines bestimmten Zeitfensters vor dem Training keine Kohlenhydrate zuzuführen. Insbesondere bei kürzeren Einheiten empfiehlt es sich mindestens zwei bis drei Stunden vor dem Training möglichst vollständig auf Kohlenhydrate zu verzichten. Aufgrund der niedrigeren Verfügbarkeit von Kohlenhydraten, übernimmt der Fettstoffwechsel dann einen höheren Beitrag zur Energiebereitstellung (Vieira, Costa, Macedo, Coconcelli & Kruel, 2016). Auch das Training im komplett nüchternen Zustand ist eine Möglichkeit, die Fettoxidation zu optimieren (Achten & Jeukendrup, 2004). Für viele Trainierende ist es jedoch aufgrund ihrer Ernährungsgewohnheiten nicht realisierbar, die letzte Mahlzeit über sechs Stunden vor einer geplanten Trainingseinheit am Abend einzunehmen.

Eine weitere Strategie, um das Training dennoch mit geringerer Kohlenhydratverfügbarkeit zu absolvieren, stellt das Ausdauertraining morgens vor dem Frühstück dar. Sollte das Training auf „leeren Magen“ im Einzelfall ein Problem darstellen, kann auch ein proteinreiches Frühstück ohne Kohlenhydrate verzerrt werden, da sich dies nicht negativ auf die Fettoxidation auswirkt. (Ratliff et al., 2022). Besonders wer morgens vor dem Training einen Kaffee trinkt, kann durch das darin enthaltene Koffein die Fettoxidationsrate weiter steigern (Gutiérrez-Hellín et al., 2023). Der Effekt einer Nüchterntrainingseinheit am Morgen lässt sich sogar noch weiter erhöhen, wenn beispielsweise nach einer vorangegangenen Trainingseinheit am Tag davor die Kohlenhydratspeicher noch nicht vollständig gefüllt wurden. So kann beispielsweise eine kohlenhydratarme Mahlzeit nach einer intensiven Einheit am Abend eingenommen werden, um am nächsten Morgen ein moderates Grundlagenausdauertraining auszuführen (Marquet et al., 2016). Personen, die bisher keine Erfahrung mit nüchternem Training haben, sollten schrittweise an das Training unter diesen Bedingungen gewöhnt werden.

Fazit

Für die Optimierung der Fettstoffwechseltrainingseffekte ist nicht der generelle Verzicht auf Kohlenhydrate im Sinne einer Low Carb Ernährung notwendig. Durch Training am Morgen, Koffeinkonsum und den gezielten Verzicht auf Kohlenhydrate vor dem Grundlagenausdauertraining, lassen sich dessen Effekte auf den Fettstoffwechsel erhöhen. Eine vorübergehende und systematische Kohlenhydratreduktion sollte jedoch nicht zu einer Reduktion der zugeführten Gesamtenergiemenge führen, wenn diese nicht beabsichtigt ist. Gerade Personen, die zusätzlich zum Grundlagenausdauertraining intensive Trainingsformen mit hohem Kohlenhydratbedarf (z. B. Krafttraining) durchführen, können durch bedarfsorientiertes Nährstofftiming einen insgesamt hohen Trainingseffekt erzielen.

 

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Weitere Informationen

 

Quellen:

  1. Achten, J. & Jeukendrup, A. E. (2004). Optimizing fat oxidation through exercise and diet. Nutrition (Burbank, Los Angeles County, Calif.), 20 (7-8), 716–727. https://doi.org/10.1016/j.nut.2004.04.005

  2. Gutiérrez-Hellín, J., Aguilar-Navarro, M., Ruiz-Moreno, C., Muñoz, A., Varillas-Delgado, D., Amaro-Gahete, F. J. et al. (2023). Effect of caffeine intake on fat oxidation rate during exercise: is there a dose-response effect? European journal of nutrition, 62 (1), 311–319. https://doi.org/10.1007/s00394-022-02988-8

  3. Hanakam, F. & Ferrauti, A. (2020). Ausdauertraining. In A. Ferrauti (Hrsg.), Trainingswissenschaft für die Sportpraxis (S. 345–404). Berlin, Heidelberg: Springer Berlin Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-58227-5_7#DOI

  4. Marquet, L.-A., Brisswalter, J., Louis, J., Tiollier, E., Burke, L. M., Hawley, J. A. et al. (2016). Enhanced Endurance Performance by Periodization of Carbohydrate Intake: "Sleep Low" Strategy. Medicine and science in sports and exercise, 48 (4), 663–672. https://doi.org/10.1249/MSS.0000000000000823

  5. Maunder, E., Plews, D. J. & Kilding, A. E. (2018). Contextualising Maximal Fat Oxidation During Exercise: Determinants and Normative Values. Frontiers in physiology, 9, 599. https://doi.org/10.3389/fphys.2018.00599

  6. Ratliff, K. M., Kerksick, C. M., Moon, J. M., Hagele, A. M., Boring, J. L., Walden, K. et al. (2022). Metabolic impact of feeding prior to a 60-min bout of moderate-intensity exercise in females in a fasted state. Frontiers in sports and active living, 4, 1070477. https://doi.org/10.3389/fspor.2022.1070477

  7. Vieira, A. F., Costa, R. R., Macedo, R. C. O., Coconcelli, L. & Kruel, L. F. M. (2016). Effects of aerobic exercise performed in fasted v. fed state on fat and carbohydrate metabolism in adults: a systematic review and meta-analysis. The British journal of nutrition, 116 (7), 1153–1164. https://doi.org/10.1017/S0007114516003160