Concurrent Training – die Kombination aus Kraft- und Ausdauertraining

Während Krafttraining grundsätzlich eher auf die Verbesserung der Maximalkraft und die Steigerung der Muskelmasse abzielt, strebt Ausdauertraining unter anderem die Steigerung der maximalen Sauerstoffaufnahmefähigkeit und die Funktionsoptimierung des Herz-Kreislauf-Systems an. In vielen Sportarten wird jedoch sowohl ein hohes Maß an Kraft als auch eine gute Ausdauer benötigt, um die sportartspezifische Leistungsfähigkeit zu verbessern, weshalb oftmals beide Trainingsformen nacheinander in der gleichen Trainingseinheit oder am gleichen Trainingstag ausgeführt werden.

 

Das Training zur Steigerung der Kraft- und Ausdauerleistungsfähigkeit in der gleichen Trainingseinheit oder innerhalb weniger Stunden wird in der internationalen Fachliteratur als „Concurrent Training“ bezeichnet.

Interferenz-Effekte bei Concurrent Training

Bei Concurrent Training kommt es unter gewissen Umständen zu negativen Wechselwirkungen, den sogenannten Interferenz-Effekten, wodurch die Entwicklung der Kraft und Ausdauer gehemmt werden kann (vgl. u. a. Fyfe, Bishop & Stepto, 2014; Murach & Bagley, 2016; Nader, 2006). In vielen Sportarten ist die Kombination von Ausdauer- und Krafttraining im gleichen Trainingsprogramm gängige Praxis und gilt als probates Mittel, seine körperliche Aktivität gemäß den Richtlinien für allgemeine Gesundheit und körperliche Leistungsfähigkeit des American College of Sports Medicine (Garber et al., 2011) zu gestalten. Die beiden Trainingsformen sprechen auf molekularer Ebene jedoch antagonistische intrazelluläre Signalpfade an, die einen negativen Einfluss auf die spezifische Anpassungsreaktion des Muskels haben (Nader, 2006). Hat man zum Ziel die Muskelmasse zu steigern, sollte man trotz der nachweislich positiven Effekte auf die Gesundheit und die sportliche Leistungsfähigkeit beachten, dass das Muskelquerschnittswachstum infolge von Concurrent Training gegenüber einem alleinigen Krafttraining deutlich abgeschwächt ist. Dieser „Concurrent-Training-Effekt“ wird damit erklärt, dass Ausdauertraining jene Signalkaskaden in der Muskulatur beeinträchtigt, welche auf die Muskelproteinsynthese sowie den Muskelproteinabbau einwirken. Dass diese molekulare Interferenz der tatsächliche Grund für die abgeschwächte Muskelhypertrophie ist, konnte bisher allerdings nicht eindeutig nachgewiesen werden (Fyfe et al., 2014).

Reihenfolge der Trainingsformen bei Concurrent Training

Prinzipiell sollte bei der praktischen Umsetzung darauf geachtet werden, das Krafttraining vor dem Ausdauertraining zu absolvieren, um negative Effekte der Wechselwirkungen zwischen den beiden Trainingsformen auf die Krafttrainingsanpassungen zu minimieren (Murlasits, Kneffel & Thalib, 2017). Die Anpassungen der Ausdauerleistungsfähigkeit bleiben von dieser Vorgehensweise ebenfalls weitestgehend unbeeinträchtigt.

Concurrent Training bei Trainingseinsteigern

Für Einsteiger ist Concurrent Training besonders interessant, da weniger spezifische Belastungsreize erforderlich sind, um Trainingsanpassungen hervorzurufen. McCarthy, Pozniak & Agre beobachteten 2002 bei gesunden männlichen Probanden mit sehr geringer körperlicher Aktivität nach einem 10-wöchigen Concurrent Training vergleichbare Trainingseffekte wie bei einem Krafttraining ohne anschließendem Ausdauertraining. Eine Kombination aus Kraft- und anschließendem Ausdauertraining ist daher, vom zeitökonomischen Standpunkt aus betrachtet, für gesundheitsorientiert Trainierende und Trainingseinsteiger sinnvoller als die getrennte Ausführung der Einheiten.

Concurrent Training bei trainingserfahrenen Sportlern

Wenn das Trainingsziel von fortgeschrittenen Sportlern die gleichzeitige Leistungsoptimierung in beiden Bewegungsformen ist, sollte die Ausführung eines Kraft- und Ausdauertrainings in der gleichen Trainingseinheit, wenn möglich sogar am gleichen Tag, vermieden werden. Sofern die Trainingsplanung des Sportlers keine Verteilung der Trainingseinheiten auf verschiedene Tage erlaubt, sollten mindestens sechs Stunden Regenerationszeit zwischen den beiden Trainingseinheiten eingeplant werden, um die Wechselwirkungen der beiden Trainingsformen hinsichtlich ihrer Effekte zu minimieren (Robineau, Babault, Piscione, Lacome & Bigard, 2016). Wenn die beim Krafttraining trainierte Muskulatur in der unmittelbar nachfolgenden Ausdauertrainingseinheit nicht beansprucht wird, sind allerdings nur geringe Wechselwirkungen zu erwarten (Tomiya, Kikuchi & Nakazato, 2017).

Sofern eine Verteilung der Trainingseinheiten auf verschiedene Tage möglich ist, sollte zur Optimierung der Trainingserfolge im Sinne des SAID-Prinzips („Specific Adaption to Imposed Demands“; sinngemäß: Spezifität der Anpassungsreaktion auf eine bestimmte Anforderung) gehandelt und die Trainingseinheiten zur Verlängerung der Erholungsphasen jeweils auf einen eigenen Tag gelegt werden, was im direkten Vergleich die größten Trainingserfolge verspricht.

Evidenzbasierte Handlungsempfehlungen für die Praxis

  • Bei einem primären Trainingsziel zur Steigerung der Maximalkraft und der Muskelmasse sollte das Krafttraining immer vor dem Ausdauertraining absolviert werden (Murlasits et al., 2017).
  • Das Verhältnis von 3:1 (3 Krafttrainingseinheiten : 1 Ausdauertrainingseinheit pro Woche) sollte beim primären Ziel zur Optimierung der Kraftsteigerung und des Muskelaufbaus nicht überschritten werden (Jones, Howatson, Russell & French, 2013).
  • Ist das Primärziel bei Concurrent Training hingegen die Verbesserung der Ausdauerleistungsfähigkeit, muss das Verhältnis der Trainingshäufigkeiten entsprechend angepasst werden.
  • Kraft- und Ausdauertrainingseinheiten sollten zur Optimierung der Anpassungsreaktionen an unterschiedlichen Tagen ausgeführt werden. Erlauben die Rahmenbedingungen keine Aufteilung des Trainings auf verschiedene Tage, sollten die Regenerationszeiten zwischen den unterschiedlichen Trainingseinheiten mindestens sechs Stunden betragen (Robineau et al., 2016).
  • Sobald Kraft- und Ausdauertraining unmittelbar nacheinander ausgeführt werden, sollte auf eine kurze und intensive Belastung bei der Wahl der Ausdauertrainingsmethode geachtet werden, um Interferenzen auf die Anpassungseffekte zu minimieren (Tsitkanou et al., 2017).
  • Werden beim Krafttraining andere Muskelgruppen trainiert als durch die nachfolgende Ausdauertrainingseinheit beansprucht werden, so sind keine oder nur geringe Interferenzen zu erwarten (Tomiya et al., 2017).

 

Zum Fachberater/in für Fitness qualifizieren

Der Lehrgang „Fachberater/in für Fitness“ umfasst, neben Basisqualifikationen im Bereich Individual- und Gruppentraining, auch Aufbauqualifikationen in den Bereichen fitnessorientiertes Kraft- und Ausdauertraining und ergänzt diese sport praktischen Inhalte mit branchen spezifischem Basiswissen im Bereich Kunden service und Dienstleistung. Durch diese Kombination fachübergreifender Lehrgangsinhalte werden die Teilnehmer zu flexibel einsetz baren und interdisziplinär qualifizierten Fitnessexperten ausgebildet.

 

Literaturverzeichnis

Fyfe, J. J., Bishop, D. J. & Stepto, N. K. (2014). Interference between concurrent resistance and endurance exercise: molecular bases and the role of individual training variables. Sports medicine (Auckland, N.Z.), 44 (6), 743-762.

Garber, C. E., Blissmer, B., Deschenes, M. R., Franklin, B. A., LaMonte, M. J., Lee, I.-M. et al. (2011). American College of Sports Medicine position stand. Quantity and quality of exercise for developing and maintaining cardiorespiratory, musculoskeletal, and neuromotor fitness in apparently healthy adults: guidance for prescribing exercise. Medicine and science in sports and exercise, 43 (7), 1334-1359.

Jones, T. W., Howatson, G., Russell, M. & French, D. N. (2013). Performance and neuromuscular adaptations following differing ratios of concurrent strength and endurance training. Journal of Strength and Conditioning Research, 27 (12), 3342-3351.

McCarthy, J. P., Pozniak, M. A. & Agre, J. C. (2002). Neuromuscular adaptations to concurrent strength and endurance training. Medicine and science in sports and exercise, 34 (3), 511-519.

Murach, K. A. & Bagley, J. R. (2016). Skeletal Muscle Hypertrophy with Concurrent Exercise Training: Contrary Evidence for an Interference Effect. Sports medicine (Auckland, N.Z.), 46 (8), 1029-1039.

Murlasits, Z., Kneffel, Z. & Thalib, L. (2017). The physiological effects of concurrent strength and endurance training sequence: A systematic review and meta-analysis. Journal of sports sciences, 1-8.

Nader, G. A. (2006). Concurrent strength and endurance training: from molecules to man. Medicine and science in sports and exercise, 38 (11), 1965-1970.

Robineau, J., Babault, N., Piscione, J., Lacome, M. & Bigard, A. X. (2016). Specific Training Effects of Concurrent Aerobic and Strength Exercises Depend on Recovery Duration. Journal of Strength and Conditioning Research, 30 (3), 672-683.

Tomiya, S., Kikuchi, N. & Nakazato, K. (2017). Moderate Intensity Cycling Exercise after Upper Extremity Resistance Training Interferes Response to Muscle Hypertrophy but Not Strength Gains. Journal of sports science & medicine, 16 (3), 391-395.

Tsitkanou, S., Spengos, K., Stasinaki, A.-N., Zaras, N., Bogdanis, G., Papadimas, G. et al. (2017). Effects of high-intensity interval cycling performed after resistance training on muscle strength and hypertrophy. Scandinavian journal of medicine & science in sports, 27 (11), 1317-1327.